
Schon mal vom Scope Creep gehört? Es ist ein Wesen, das in den Schatten jedes Projekts lauert und sich meist erst zeigt, wenn das Projekt bereits in vollem Gange ist. Es hat mehrere Köpfe, die unkontrolliert neue Wünsche, Ambitionen und Anforderungen ausspucken – und damit das Budget und den Zeitplan durcheinanderbringen. Das Schlimmste daran? Dieses Wesen lässt sich nicht einfach vertreiben oder eliminieren. Es ist immer da. Die gute Nachricht? Man kann es an die Leine nehmen und unter Kontrolle halten.
Das ist die dramatische Version des Scope Creep-Phänomens. In der Fachsprache lässt es sich so definieren: "Ein kontinuierliches oder unkontrolliertes Wachstum des Projektumfangs, das in der Regel nach Beginn des Projekts auftritt"*. Bleibt es unkontrolliert, führt es zu Verzögerungen, Budgetüberschreitungen und Qualitätsproblemen.
Jeder Projektleiter/-in kennt das. Man baut eine neue U-Bahn-Linie, und mitten in der Bauphase fordert ein Politiker plötzlich eine zusätzliche Haltestelle. Oder man plant ein hochmodernes Laborgebäude, nur um festzustellen, dass die Forschenden inzwischen neue Geräte angeschafft haben, die höhere Anforderungen an Stromversorgung und Belüftung stellen. Und dann gibt es noch externe Faktoren – neue Vorschriften oder geopolitische Entwicklungen – die das Projekt plötzlich in eine neue Richtung drängen.
Kurz gesagt: Anforderungen sind selten statisch. Änderungen werden passieren. Und wenn man nicht vorbereitet ist, können die Folgen gravierend sein – Verzögerungen, explodierende Kosten und frustrierte Beteiligte.
Wie hält man den Scope Creep unter Kontrolle? Hier sind einige einfache Maßnahmen, um ihn im Zaum zu halten:
Den Projektumfang klar definieren
Einer der häufigsten und vermeidbaren Gründe für Scope Creep ist das Fehlen eines soliden Bedarfsplans oder einer klaren Definition der Projektanforderungen. Ohne einen klaren Rahmen weiß niemand genau, worauf das Projekt hinauslaufen soll – geschweige denn, wie man es steuern kann. Ein guter Bedarfsplan beantwortet grundlegende Fragen: Warum wird dieses Projekt überhaupt durchgeführt? Welche Ergebnisse soll es liefern? Wie groß soll es sein (z. B. Anzahl der Wohneinheiten, Arbeitsplätze, U-Bahn-Stationen)? Welche wesentlichen Funktionen muss es enthalten? Wie ambitioniert soll es bei Themen wie Nachhaltigkeit und Arbeitssicherheit sein – Mindeststandards oder Spitzenklasse? Wenn diese Fragen nicht geklärt sind, ist Scope Creep vorprogrammiert.
Stakeholder frühzeitig einbinden
Den Projektumfang zu definieren bedeutet, mit den relevanten Stakeholdern zu sprechen – also mit den Menschen, die das Projekt nutzen, betreiben, finanzieren oder genehmigen. Baut man eine Brücke, sind es beispielsweise Behörden, Umweltorganisationen und Anwohner. Baut man ein Krankenhaus, sind es medizinisches Personal, Patientvertretungen und Gesundheitsbehörden. Man wird nicht alle Wünsche erfüllen können, aber durch frühzeitige Abstimmung lassen sich Erwartungen managen und Einflussnahmen später im Prozess vermeiden. Das Letzte, was man möchte, ist, dass sich ein wichtiger Stakeholder erst mitten im Projekt zu Wort meldet – mit unerwarteten Anforderungen, die alles umwerfen.
Projektanforderungen dokumentieren
Ohne eine ordentliche Dokumentation gibt es nichts, worauf man sich berufen kann, wenn sich Änderungen anbahnen. Bei kleinen Projekten kann ein einfaches Word-Dokument oder eine Excel-Tabelle ausreichen. Aber für große, komplexe Projekte mit Tausenden von Anforderungen und vielen Stakeholdern braucht es eine robustere Lösung – wie BriefBuilder. Mit BriefBuilder lässt sich ein zentrales, strukturiertes Repository für alle Anforderungen erstellen – eine Single Source of Truth, auf die alle Projektbeteiligten zugreifen können. So ist sichergestellt, dass alle mit denselben Anforderungen arbeiten und es keine Missverständnisse gibt.
Scope-Änderungen mit Budget und Zeitplan verknüpfen
Ein häufiger Fehler in Projekten ist die Annahme, dass neue Ideen einfach in das bestehende Budget und den aktuellen Zeitplan integriert werden können. Doch Scope-Änderungen sind nicht kostenlos. Jede neue Anforderung, zusätzliche Funktion oder Aktualisierung hat Auswirkungen auf Zeit und Kosten – auch wenn Entscheidungsträger das manchmal anders sehen wollen. Deshalb müssen Änderungen vor ihrer Umsetzung gründlich bewertet werden: Was kostet diese Änderung? Wie viel zusätzliche Zeit wird benötigt? Welche Auswirkungen hat sie auf andere Bereiche des Projekts? Und wenn diese Analysen abgeschlossen sind, müssen sie ernst genommen werden. Keine Änderung sollte umgesetzt werden, ohne die Folgen zu verstehen und eine formale Genehmigung einzuholen. Nur so kann man sicherstellen, dass Erwartungen realistisch bleiben – und das Projekt nicht ins Chaos abdriftet.
Änderungen systematisch managen
Änderungen sind nicht per se schlecht. Neue Erkenntnisse, bessere Lösungen oder unvermeidbare externe Einflüsse gehören zu jedem komplexen Projekt. Doch um die Kontrolle zu behalten, braucht es einen klaren Änderungsmanagementprozess. Das bedeutet: ein formales Änderungsantragsverfahren, eine Folgenabschätzung (siehe oben), klare Entscheidungsfindung und Genehmigungsprozesse und ein Änderungsprotokoll, das dokumentiert, was wann und warum geändert wurde. Hier zeigt sich der Vorteil spezialisierter Tools wie BriefBuilder. Sie helfen, den Prozess zu strukturieren, jede Änderung zu verfolgen, Änderungen mit dem Planungsteam und den Auftragnehmern zu kommunizieren und sicherzustellen, dass nichts übersehen wird.
Fazit
In der Projektsteuerung stehen oft Zeit und Kosten im Fokus. Doch Anforderungen sind das Rückgrat jedes Projekts – und verdienen genauso viel Aufmerksamkeit.
Den Scope Creep wird man nie ganz loswerden. Aber mit der richtigen Herangehensweise – und den richtigen Werkzeugen – kann man ihn effektiv an die Leine legen.😊
(*) Lewis, James (2002). Fundamentals of Project Management (Second ed.).